Grundsätzlich besteht seit der Änderung des Arbeitsrechts am 01.01.2019 für alle Beschäftigten die Möglichkeit, Brückenteilzeit zu beantragen. Allerdings ist diese Variante nicht für alle Arbeitnehmer mit Jobs in Medizin, Gesundheit und Pflege gegeben.
Während viele Pflegekräfte in Teilzeit arbeiten, wird eine Karriere als Arzt fast so gut wie immer in Vollzeit begonnen und betrieben. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass eine Teilzeitarbeit als Arzt nur in bestimmten Feldern vernünftig realisierbar ist. Die Arbeitszeit in der Pflege lässt sich dagegen wesentlich leichter so einteilen, dass hier Beruf und Familie häufig einfacher unter einen Hut zu bekommen ist.
Brückenteilzeit: Worum geht es dabei?
Wie der Name Brückenteilzeit bereits ausdrückt, geht es um eine befristete Form der Teilzeitarbeit. Diese kann, nach dem Willen des Gesetzgebers, für eine bestimmte Zeitspanne zwischen einem und fünf Jahren beantragt werden. In dieser Zeit wird die laut Arbeitsrecht bzw. Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitszeit entsprechend dem Antrag reduziert.
Dies ist nicht nur für Vollzeitkräfte, sondern auch für Teilzeitkräfte möglich. Wenn etwa eine Teilzeitkraft regulär 80 Stunden pro Monat arbeitet, kann diese die Arbeitszeit auf 50 Stunden weiter verkürzen. Nach Abschluss des vereinbarten Zeitraums wird die Arbeit im Rahmen der Bedingungen der ursprünglichen Vollzeitstelle fortgesetzt.
Welche Vorteile bietet die neue Teilzeitregelung?
Ein Anspruch auf Beschäftigung war auch vor der gesetzlichen Neuerung gegeben. Dieser ergab und ergibt sich aus den Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Der große Nachteil dieser Regelung ist, dass eine Karriere als Arzt bei einem Antrag nach Befristungsgesetz schnell auf Abstellgleis führen kann, weil nach diesen Vorschriften kein späterer Anspruch auf Rückkehr in die Vollzeit besteht. Insofern sorgt die Neuregelung für ein höheres Maß an Flexibilität, um zum Beispiel Beruf und Familie besser in Einklang zu bringen, sowohl für Mediziner als auch Pflegekräfte in Teilzeitarbeit. Dies gilt jedoch nur, wenn die vom Gesetzgeber aufgestellten Bedingungen erfüllt sind.
Anspruch auf Brückenteilzeit eine Frage der Betriebsgröße
Das Recht, einen Antrag auf Brückenteilzeit zu stellen, haben nur Arbeitskräfte in Betrieben, die mindestens 45 Mitarbeiter beschäftigen. Im gewerblichen Rahmen muss es sich demnach um einen mittelständischen Betrieb handeln. Übertragen auf Jobs in Medizin, Gesundheit und Pflege kommt die Regelung vor allem bei Krankenhäusern und anderen großen Einrichtungen zum Tragen. Wer seine Karriere als Arzt in angestellter Form in einer Praxis plant, kommt dagegen nicht zum Zuge.
Ähnlich verhält es sich für Pflegekräfte in Teilzeitarbeit. Wenn diese für einen kleineren Pflegedienst auf dem Land arbeiten, ergeben sich nach dem neuen Arbeitsrecht keine zusätzlichen Möglichkeiten der weitergehenden Reduktion der Arbeitszeit. Bei einem Arbeitgeber mit weniger Beschäftigten besteht aber selbstverständlich die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis eine entsprechende Teilzeitregelung zu vereinbaren.
Weitere Voraussetzungen zur Beantragung von Teilzeitarbeit
Neben der Zahl Beschäftigten beim Arbeitgeber spielen beim Antragsrecht auch persönliche Faktoren eine Rolle. So muss das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate in Vollzeit bestanden haben. Weiterhin muss die letzte Beschäftigung in Teilzeit mindestens zwölf Monate zurückliegen. Kurz nach dem Wechsel des Arbeitgebers oder dem Wechsel auf eine Vollzeitstelle besteht deshalb kein gesetzlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit.
Weiterhin gibt es eine so genannte Zumutbarkeitsregelung für Betriebe mittlerer Größe zwischen 45 und 200 Beschäftigten. In diesem Fall kann ein Antrag auf Brückenteilzeit dann abgelehnt werden, wenn bereits jeder fünfzehnte Angestellte in zeitlich befristeter Teilzeit arbeitet. Bei 45 Arbeitnehmern muss deshalb nur gegenüber drei Arbeitskräften eine Bewilligung ausgesprochen werden. Insofern kann es darauf ankommen, dass der Antrag rechtzeitig gestellt wird, um nicht gegenüber anderen Mitarbeitern das Nachsehen zu haben.
Was, wenn der Arbeitgeber auf den Antrag nicht reagiert?
Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, besteht ein fester Anspruch auf eine Beschäftigung in Teilzeit, sofern keine betrieblichen Gründe dem entgegenstehen. Erfolgt keine Reaktion des Arbeitgebers, dann gilt die vom Arbeitnehmer beantragte Teilzeitarbeit automatisch als bewilligt. Die Frist für den Arbeitgeber läuft einen Monat vor dem Beginn der beantragten Reduzierung ab.
Für den Arbeitgeber besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Antrag auf Brückenteilzeit abzulehnen. Dies setzt jedoch voraus, dass zwingende betriebliche Gründe vorliegen und diese dem Antragsteller in schriftlicher Form mitgeteilt werden. Gerade bei Betrieben mit mehr als 200 Angestellten bestehen deshalb gute Chancen auf eine Bewilligung des Antrags.
Rechtsanspruch auf Brückenteilzeit ein großer Schritt
Grundsätzlich ist die Initiative des Gesetzgebers zu begrüßen, sich für mehr Flexibilität durch Brückenteilzeit in Beschäftigungsverhältnissen einzusetzen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird auf diesem Wege entscheidend verbessert, weil in besonders fordernden Phasen die Möglichkeit einer Reduzierung auf Teilzeitarbeit möglich ist. Andererseits besteht nach Abschluss der Teilzeit zwar ein Anspruch auf Beschäftigung in Vollzeit, aber keiner auf eine bestimmte beruflichen Weiterentwicklung. Eine Durchsetzung der Teilzeitregelung gegen den Willen des Arbeitgebers kann deshalb z. B. zu einem Knick in der Karriere als Arzt führen. Hier sind die Risiken für Pflegekräfte in Teilzeit deutlich geringer.
Alternativen zur Brückenteilzeit
Andererseits kann es auch im Rahmen einer Karriere als Arzt dazu kommen, dass die Reduzierung der Arbeitszeit wichtig oder gar unumgänglich wird. Gegebenenfalls kann es bei Arbeitgebern für mehr Verständnis sorgen, wenn die Teilzeit aufgrund des Elternzeitgesetzes (BEEG), des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) oder des Familienpflegezeitgesetzes (FPfZG) beantragt wird. Der zusätzliche Vorteil dieser Variante ist, dass es auf die Betriebsgröße in diesen Fällen nicht bzw. nicht in gleichem Maße ankommt.
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