Den Arzt in der Nähe suchen viele Patienten in ländlichen Regionen vergeblich. Die Zahl der Hausärzte sinkt weiter. Um überall die medizinische Versorgung zu sichern, unterstützt die Nicht-ärztliche Praxisassistentin („NäPa“) den Arzt bei der Versorgung der Patienten. Gesundheits- und Krankenpfleger oder Medizinische Fachangestellte übernehmen als mobile Praxisassistenten mit e-Skills wachsende Verantwortung und bringen digitales Equipment der Telemedizin bei Patienten zum Einsatz.
Mobile Assistenz und andere Aufgaben in der Telemedizin
Gesundheits- und Krankenpfleger und Medizinische Fachangestellte, die sich nach erfolgreicher Fortbildung zur NäPa qualifiziert haben, übernehmen Leistungen aus dem Spektrum der Telemedizin, die der Arzt in seiner Verantwortung für den Patienten angeordnet und für notwendig befunden hat.
Sie dürfen keine Diagnosen stellen, übernehmen aber Aufgaben wie:
- Blutabnahme
- Blutdruckmessung
- Messung des Blutzuckerspiegels
- EKG
- Lungenfunktions-, Körpergewichts- und Temperaturkontrolle
- Wundversorgung und Bilddokumentation des Wundheilprozesses
- Herstellung der Videosprechstunde
Die zur NäPa ausgebildeten Praxisassistenten können auf Wunsch des Arztes auch geriatrisches Screenings zur Einschätzung alltagspraktischer Fähigkeiten oder Demenztests durchführen. Auf dieser Grundlage kann der Arzt eine Entscheidung darüber treffen, inwieweit ein Patient sich selbst versorgen kann oder beispielsweise auf einen Rollator zur Fortbewegung innerhalb der Wohnung angewiesen ist.
NäPa: Karrierechancen für Medizinische Fachangestellte und Gesundheits- und Krankenpfleger
Die Nicht-ärztlichen Praxisassistenten betreuen einen festen Patientenstamm. Sie arbeiten für eine feste Zahl von Arztpraxen. Am Vortag ihres Einsatzes erhalten die NäPa einen Terminplan. Damit Notfalleinsätze möglich sind, werden extra Zeitfenster eingeplant.
Bei den Hausbesuchen setzen die mobilen Praxisassistenten ein Notebook mit Touch-Screen ein, auf dem die Patientendaten der Praxis gespeichert sind und durch Vermerke und aktuelle Daten ergänzt werden können. Die NäPa leiten entnommene Proben zur Analyse an das jeweilige Labor der Praxis weiter. Daten, Befunde oder Bildmaterial eines Wundheilprozesses können sie unmittelbar per Bluetooth oder über USB an den Arzt übermitteln.
Der Arzt wertet die Daten aus. Nach Bedarf kann er sich sofort mit der NäPa und dem Patienten via Telefon oder Videokonferenz in Verbindung setzen und weitere Therapie- und Behandlungsmaßnahmen empfehlen.
Für die telemedizinische Betreuung braucht der Patient lediglich einen Computer und eine Internetverbindung, um über Webcam und Mikrofon mit dem Arzt in Verbindung treten zu können. Sollte eine direkte Videokonsultation mit dem Arzt notwendig sein, kann diese im Bedarfsfall unmittelbar unter Vermittlung der NäPa hergestellt werden.
NäPas sind oft die ersten, die einem Patienten die Verwendung telemedizinischer Geräte erklären, ihnen den Einstieg in die Telemedizin ermöglichen und dabei eine wichtige Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Inhalte und Ablauf der Fortbildung zur Nicht-ärztliche Praxisassistentin (NäPa)
Voraussetzungen
Um die Ausbildung zur Nicht-ärztliche Praxisassistentin aufnehmen zu können, ist ein qualifizierter Berufsabschluss als MFA/Arzthelfer/in oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in Voraussetzung. Außerdem muss eine mindestens dreijährige Berufserfahrung in einer Praxis nachgewiesen werden.
Inhalt der Fortbildung
Bei der Fortbildung zur „Nicht-ärztliche Praxisassistentin“ werden medizinische Kompetenzen vertieft. Es erfolgt eine Spezialisierung auf die im Behandlungsspektrum der Hausärzte häufig auftretenden Krankheitsbilder. Zusätzlich werden Module zum Notfallmanagement und korrekter Dokumentation gelehrt.
Die theoretische Ausbildung nach den Vorgaben der Bundesärztekammer umfasst je nach Berufserfahrung zwischen 150 und 200 Stunden. Zusätzlich sind zwischen 20 und 50 Stunden praktischer Arbeit nachzuweisen, was 25 bis 70 Hausbesuchen entspricht. Nach einer schriflichen Abschlussprüfung erfolgt die Zertifizierung zur Nicht-ärztliche Praxisassistentin. Die NäPa ist die höchstmögliche Zusatzqualifikation für Medizinische Fachangestellte.
VERAH(C), EVA, eNurse(C) – vergleichbare und anrechenbare Fortbildungen zur NäPa
Fachwirte für ambulante Medizinische Versorgung, Notfallfachkräfte und Gesundheits- und Krankenpfleger, die nachweisen können, innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens 4 Jahre in einem Krankenhaus gearbeitet zu haben oder bereits die Qualifikation VERAH / VERAH(C)-Plus erworben haben, können die Fortbildung zur NäPa verkürzt durchlaufen.
Das Modell VERAH(C), das vom Deutschen Hausärzteverband angeboten wird, war lange Zeit die deutschlandweit beliebteste vergleichbare Zusatzausbildung. Mehr als 3 000 Medizinische Fachangestellte, darunter vor allem MFA aus Bayern und Baden-Württemberg haben diese Zusatzqualifikation zur „Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis“ erworben. Die Ausbildung zur VERAH(C)kann auf die Fortbildung zur NäPa angerechnet oder im Einzelfall auch als gleichwertig anerkannt werden.
Im Rahmen eines Pilotprojekts der Stadt Hof und den Landkreisen Hof und Wunsiedel in Oberfranken wird seit November 2017 durch die Unternehmung Gesundheit Hochfranken (UGHO) zur sogenannten eNurse(C) ausgebildet. Auch hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine in Telemedizin geschulte MFA mit zusätzlicher Ausbildung als NäPa.
Schon länger besteht auch die Möglichkeit, sich zur „Entlastenden Versorgungsassistentin“ (EVA) bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe fortbilden zu lassen. Auch eine EVA Neurologie und Psychiatrie wird von der KV Nordrhein angeboten. Die Ausbildungsinhalte sind ähnlich der über die Bundesärztekammer angebotenen Fortbildung zur NäPa.
Kosten der Ausbildung
Viele Hausärzte übernehmen die Ausbildungskosten für ihre MFA und rechnen ihnen die aufgewendete Zeit auf die Arbeitszeit an. Auch eine Selbstfinanzierung der Ausbildung ist möglich.
In Baden-Württemberg kostet die Teilnahme an allen erforderlichen Modulen inklusive der Kosten für die Abschlussprüfung 1600 Euro. Die Ausbildungskosten in anderen Bundesländern sind vergleichbar.
Abrechnungsmöglichkeit der Leistungen
Damit die Praxen eine NäPa einsetzen können und deren Leistungen abrechnen dürfen, muss ihnen eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung vorliegen.
Jede Praxis, für die eine NäPa unterwegs ist, muss mindestens 700 Patienten betreuen. Ist der Patientenstamm der Praxis kleiner, kann ein hoher Anteil an Patienten über 75 Jahre dafür sorgen, dass ab einer Zahl von 120 Patienten der Einsatz einer NäPa abgerechnet werden kann.
Fazit: Bedarf steigend – Telemedizin
Seit 2015 stellen die gesetzlichen Krankenversicherungen jährlich ein Vergütungsvolumen von jährlich rund 118 Millionen Euro für die Nicht-ärztliche Praxisassistenz zur Verfügung. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen durch die NäPas wurde dabei kontinuierlich verbessert, damit noch mehr Hausärzte zum Einsatz von NäPa motiviert werden. Erste Evaluationen des Einsatzes der Telemedizin und des Einsatzes mobiler Praxisassistenten waren sehr positiv. Sowohl MFA als auch Ärzte und Patienten waren rundum zufrieden. Die Befragung der Patienten ergab, dass sie eine Verbesserung der Arzt-Patient-Beziehung bemerkten. Die Gesamtbewertung der Versorgungsqualität und der Leistung eines Praxisteams wurde stark dadurch aufgewertet, dass die Patienten die soziale Interaktion mit den mobilen Praxisassistenten lobten und anerkennend feststellten, dass die NäPa sich viel Zeit für individuelle Anliegen und Sorgen nahmen.
Patienten, die eingeschränkt bewegungsfähig sind oder die Praxis ihres Hausarztes ohne Unterstützung nicht aufsuchen können, sind für die Besuche mobiler Praxisassistenten besonders dankbar. Die Telemedizin und der persönliche Einsatz der NäPa sparen ihnen die Strapazen der Anreise zur Praxis und Wartezeiten bei Terminen. Diabetiker oder Patienten mit chronisch hohem Bluthochdruck oder schwer Leberkranke profitieren von der kontinuierlichen Überprüfung der gemessenen Werte. Eine rapide Verschlimmerung ihres Zustands kann durch eine konstante Beobachtung im häuslichen Umfeld verhindert werden.
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