Er ist gefürchtet und viel diskutiert, der Fachkräftemangel in Deutschland. Besonders im Bereich Altenpflege häufen sich die Stellenangebote von Tag zu Tag. Um dem Mangel in unserer immer älter werdenden Gesellschaft zu begegnen hat das Bundeswirtschaftsministerium ein Pilotprojekt ins Leben gerufen. 102 Vietnamesen wurden angeworben und nach Deutschland geholt, um hier eine Ausbildung in der Altenpflege zu beginnen. Die Einrichtungen für die angehenden Altenpfleger und -pflegerinnen befinden sich in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen.
An und für sich eine gute Sache. Die erste Bilanz allerdings fiel eher gemischt aus. Positiv ist, dass es absolut keine Berührungsängste zwischen Bewohnern und Pflegekräften gibt. Geschichten aus Vietnam oder Abende mit authentisch asiatischer Küche – die Bewohner finden die Einblicke in die fremde Kultur spannend. Auch die angehenden Altenpfleger haben keinerlei Scheu vor den Bewohnern oder ihren Aufgaben. Waschen, Füttern, Wickeln – alles kein Problem.
Wo es allerdings Probleme gibt, ist die Verständigung. Sprechen und Verstehen sind die größten Hürden, vor denen die Pflegekräfte aus Vietnam täglich stehen. Wo man in der Praxis oft mit einem Lächeln weiterkommt, sieht es in der Theorie schon ganz anders aus, sprich: in der Berufsschule. In der Ausbildung Altenpflege lernen die angehenden Pfleger nicht nur Fachbegriffe aus Medizin und Pflege, sondern auch Englisch als zusätzliche Fremdsprache und noch weitere Fächer. Damit sind einige schlicht überfordert und das macht sich natürlich im Unterricht und vor allem in den Prüfungen bemerkbar.
Außerdem ist nicht vorausgesetzt, dass die Pflegekräfte aus Vietnam bleiben. Viele haben mit Heimweh zu kämpfen. Auch wenn sie sich auf ein Leben in Deutschland gefreut haben, vermissen sie inzwischen ihre vertraute Heimat. Grundsätzlich soll das Konzept „Mitarbeiter aus dem Ausland“ in der Pflege aber weiter gefördert werden. Ein Heim in Hannover will in Kürze junge Männer und Frauen aus Polen für die Ausbildung Altenpflege gewinnen, da dies leichter zu organisieren sei, als Altenpfleger und Altenpflegerinnen aus Vietnam anzuwerben.
Doch auch mit diesen Modellprojekten steigt der Bedarf weiter an. Laut Untersuchungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung wird schon bis 2020 der Bedarf auf rund 84.000 Pflege- und Hilfskräfte steigen. Um dem zu begegnen, setzt das Bundeswirtschaftsministerium nicht nur auf die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland, sondern ebenso auf die Gewinnung junger Menschen aus dem Inland zur Ausbildung in der Pflege. In der Hoffnung der steigenden Zahl der Stellenangebote in der Altenpflege eines Tages wieder begegnen zu können.